Wahrscheinlich war die erste Farbe, die der Urmensch erkennen konnte Rot! Davor war alles mehr oder weniger grau in unterschiedlichen Schattierungen zu sehen. Heute kaum vorstellbar – oder doch? 

Durch das Erkennen der Farbe Rot wurde es für den Ur-Menschen möglich, die essbaren Teile an Bäumen und Sträuchern von dem farblosen Rest der Pflanze zu unterscheiden, ja sie wurde von weither sichtbar. Der Apfel oder die Beere stachen nun aus dem gräulichen Rest der Pflanzen heraus. «mmhhh mapfmapf - Nahrung!» Das Farberkennen löste eine Emotion im Ur-Menschen aus, die ihn nährte. Durch das Erkennen der Farbe Rot konnte er sein Überleben sichern. Der Ur-Mensch durfte erfahren, dass die Farbe Rot in stärkte und eine Grundlage für sein Leben bot. Also weckte Rot bei ihm die Tatkraft, das Essbare zu pflücken, später dann auch zu sammeln und zu verwerten. Rot war und ist die grundlegende Farbe, um auf diesem Planeten zu leben und zu wachsen, körperlich wie geistig. Wie ein Erwachen musste es dann für den Menschen gewirkt haben, als seine Rezeptoren in den Augen dazu im Stande waren, verschiedene Farbimpulse zu mischen und sich die Farben über Wälder, Wiesen und Auen entfaltete.

Heute kann das menschliche Auge bis zu 2,3 Millionen Farbtöne unterscheiden. 

Es sind die unterschiedlichen Wellenlängen des Sonnenlichts, die auf unsere Augen treffen und dort einen Reiz auslösen, der letztlich im Gehirn in Farben gemessen wird. Ein unvorstellbarer Akt, der in Lichtgeschwindigkeit vollzogen wird. Kurzwelliges Licht nehmen wir blau bis violett wahr, langwelliges Licht sehen wir in rot bis gelb war und genau in der Mitte des Lichtspektrums liegt Grün. 

Mir scheint, dass die Gestalter unserer Umwelt keine Freude an Farben haben. Ein Bürogebäude nach dem andern, ein Wohnquartier nach dem andern wird erstellt. Doch die Fassaden sind grau-hellgrau-beige-hellbeige. Einfach nur schade. Für uns alle! Für unsere Entwicklung, für unser Wohlbefinden und schlussendlich für unsere Gesundheit. Jeder Farbreiz, der auf unser Auge trifft, löst Emotionen aus: Mut, Freude, Glück, Harmonie, Vertrauen u.s.w. werden in uns gestärkt, wenn wir Farben sehen, möglichst viele bunte. 

Grau und beige wirken neutral. Man muss keine Farbe bekennen. Das Leben versteckt sich hinter einem Nebelschleier, denn es sind Mischfarben. Grau ist ein aufgehelltes schwarz, Beige wäre eigentlich braun. 

Beige ist einfach langweilig. Eine neutrale Farbe, die jedem gefällt? Oder geht es in der Wohnraumgestalltung eher darum, dass Beige niemanden störrt? Beige ist eine brave Farbe. Sie ist nicht aufmüpfig oder angriffig. Sie störrt nicht wirklich, sagt aber auch nichts aus. 

Grau fällt nicht auf. Grau grenzt sich nicht ab. Der Nebel ist grau. Grau assioziiert eine Undruchsichtigkeit und will verschleiern. Farbe zu bekennen, liegt nicht in ihrer Natur. Grau mach depressiv und schürrt Ängste, weil man man den Durchblick verliert. Menschen die sogenanten Plattenbauten wohnen, wo kaum ein grüner Ast platz hat, verleiren ihren Lebenssinn. 

Also frage ich Dich, wieso gestaltet der Mensch seine Welt in Grau-Schwarz und wie gestaltest Du Deine Umwelt?

2,3 Millionen Farbtöne! Das ist doch ein Erfolgsgeschichte für die Menschheit, oder?

Als Farbtherapeutin habe ich gelernt, dass jede Farbe auch Emotion ist und beim Menschen Emotionen auslösen. Nun, so individuell wie wir sind, so individuell reagieren wir auf Farben. Also wenn mein Nachbar sein Haus plötzlich in grellem Orange streicht, löst dass Emotionen in mir aus. Ich freue mich vielleicht darüber. Bei einem anderen Nachbarn löst diese Farbe unangenehme Empfindungen aus. Er fühlt sich sehr unwohl und lehnt den Anstrich total ab. Ab da herrscht Krieg zwischen der Partei im orangen Haus und seinem gereizten Nachbarn. Also werden die Gebäude farblos gehalten, um nachbarlichem Streit auszuweichen? Jetzt denkst du vielleicht, die Häuser könnten doch Pastellfarbene gestrichen sein? Ja, finde ich auch. Bei einem apricot fühlen sich die meisten Menschen wohl. Wartezimmer und Ähnliches werden oft in apricot gestrichen, weil es sehr beruhigend wirkt. Apricot strahlt Frische und Freude aus und macht das Haus hell und fröhlich. Ein zartes hellgrün löst in dir Friede aus. Was für ein hübscher Gedanke, wenn du aus dem Fenster siehst und ein hellgrünes Haus dir die Sicht versperrt, anstatt ein grau-betoniertes! Stell dir vor, wie es dir dabei gehen würde!

Ja, und trotzdem gibt es Menschen, die mit einem zarten apricot oder mit einem frischen hellgrün im Blickfeld Mühe haben. Lassen wir Farben wieder zu, lernen wir auch mit unseren Emotionen umzugehen. Die Farbe, die dich eigentlich traktier, ist die Farbe, die dir speziell guttun würde. Jede Farbe, die du ablehnst, ist eigentlich die Farbe, die du brauchst. Wenn du sie zulässt, bringt sie Dir inneren Frieden. 

Die Welt ist bunt und voller Emotionen. Bedenke, was ein türkisblaues Meer in dir auslöst, oder das blau eines wolkenlosen Himmels. Was bewegt Dich, wenn dein Blick über grüne Wälder streift, der von bunten Blumenwiesen durchzogen ist? Fühle, und dann beginne Deine Welt bunt zu gestalten. Es gibt tausend Möglichkeiten. Ist deine Welt im Aussen bunt, wird sie auch in deinem Innersten farbenfroh sein. Bist du von Farben umgeben, und dir ist dieser Umstand bewusst, wird sich viel in deinem Leben verändern, zum Positiven. 

Letzthin habe ich gelesen, dass kanadische Ärzte auf ihren Rezeptblock schreiben, dass ein täglicher Spaziergang im Wald gepflegt werden soll! Was für ein Highlight für eine Farbtherapeutin. Noch vor 180 Jahre hätten die Menschen über eine solche Verordnung die Stirn gerunzelt. Damals wurde noch ca. 90 % der Zeit draussen verbracht. Heute sind es nur ca. 10 % der Tageszeit, die wir im Freien verbringen. Eine Waldspaziergang-Verordnung ist heute so essenzell für die Gesundheit wie vor 180 Jahren ein nahrhafte Malzeit. 

Es gibt einen einzigen wahren Gestalter unserer Umwelt. Er hat die Welt für uns bunt angemalt und uns die Möglichkeit gegeben, das auch zu erkennen. Dieser Gestalter ist in uns, um uns herum und überall dort, wo wir sein möchten. Wird uns dieses Geschenk der Farbenpracht wieder bewusst, spüren wir auch das Licht in uns wieder. Farben sind Licht und Licht ist Leben. 

Farben & Licht auch für Dich!

 

Bildunterschrift: Pacucha, Mexiko. 12. September 2015: Seit die Häuser im für seine Gang-Gewalt berüchtigten quartier Las Palmitas bunt angestrichen wurden, nahm die Kriminalität merklich ab. 

test-banner