Während das Kind im Unterricht vielleicht physisch unruhig war, erlebt der Erwachsene oft eine quälende innere Rastlosigkeit, hat Schwierigkeiten bei der Organisation des Alltags oder kämpft mit emotionalen Schwankungen. Eine unbehandelte ADHS kann den beruflichen Werdegang, soziale Beziehungen und das Selbstwertgefühl stark beeinträchtigen. Moderne therapeutische Ansätze bieten jedoch wirksame Hilfen, um die Symptome zu bewältigen und die Lebensqualität deutlich zu verbessern.
Der erste Schritt: Die Bedeutung einer genauen Diagnose
Bevor eine Therapie beginnen kann, steht die sorgfältige Diagnostik. Diese ist anspruchsvoll, da ADHS viele Gesichter hat und die Symptome oft mit anderen Störungsbildern wie Depressionen, Angststörungen oder Persönlichkeitsstörungen überlappen. Besonders bei Erwachsenen, die gelernt haben, ihre Defizite teilweise zu kompensieren, ist die Diagnose nicht immer offensichtlich. Oft sind es wiederkehrende Muster des Scheiterns im Beruf, ständige Prokrastination oder Beziehungsprobleme, die Betroffene zur Abklärung führen. Die Diagnose wird durch erfahrene Psychiater, Neurologen oder spezialisierte Psychotherapeuten gestellt. Sie umfasst ausführliche Gespräche, standardisierte Tests, die Erhebung der Lebensgeschichte (Anamnese) und oft auch das Einbeziehen von Zeugnissen oder Partnern. Eine fundierte ADHS-Behandlung beginnt unmittelbar nach der Diagnose oft mit einer Psychoedukation: dem Verständnis der eigenen neurobiologischen Besonderheiten.
Das multimodale Konzept als Goldstandard
Medikamentöse Therapie: Den "Motor" regulieren
Medikamente sind oft ein zentraler Bestandteil der Behandlung, insbesondere bei mittlerer bis starker Ausprägung. Sie sind kein "Heilmittel", sondern ein Werkzeug, das die neurobiologischen Dysbalancen im Gehirn – primär im Dopamin- und Noradrenalin-Stoffwechsel – ausgleicht. Am häufigsten werden Stimulanzien (wie Methylphenidat) eingesetzt. Entgegen mancher Vorurteile machen diese Medikamente bei korrekter Einstellung nicht "abhängig" oder "wesensfremd". Sie dämpfen Betroffene auch nicht, sondern helfen dem Gehirn, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Die "innere Lautstärke" wird reduziert, was Konzentration und Impulskontrolle erst ermöglicht. Für viele ist die medikamentöse Einstellung die Voraussetzung, damit eine Psychotherapie überhaupt greifen kann.
Psychotherapie und Coaching: Das Steuer selbst übernehmen
Während Medikamente die biologische Basis verbessern, setzt die Psychotherapie beim Verhalten an. Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) hat sich hier als besonders wirksam erwiesen. Betroffene lernen, dysfunktionale Denkmuster zu erkennen und zu durchbrechen. Ein zentraler Punkt ist die Vermittlung von praktischen Fertigkeiten: Wie strukturiert man einen Arbeitstag? Wie beginnt man unliebsame Aufgaben (Prokrastination)? Wie geht man mit Frustration oder Wutausbrüchen um? Spezielles ADHS-Coaching kann diese Therapie ergänzen und sehr alltagsnah bei der Organisation von Finanzen, Haushalt oder Zeitmanagement unterstützen. Auch Verfahren wie Neurofeedback, bei dem die Hirnaktivität trainiert wird, kommen unterstützend zum Einsatz.
Ein individueller Weg
Eine ADHS-Therapie ist ein Prozess, der Geduld erfordert. Was bei einer Person hilft, muss bei einer anderen nicht zwangsläufig wirken. Die Anpassung der Medikation kann Zeit in Anspruch nehmen, und das Erlernen neuer Verhaltensweisen geschieht nicht über Nacht. Wichtig ist die Erkenntnis, dass ADHS nicht nur Defizite bedeutet. Viele Betroffene verfügen über hohe Kreativität, Begeisterungsfähigkeit und die Fähigkeit zum "Hyperfokus", wenn ein Thema sie interessiert. Die Therapie hilft, die negativen Aspekte zu minimieren, um diese Stärken im Leben besser nutzen zu können.
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