Im Alltag sind sie immer häufiger präsent. Längst werden sie nicht mehr nur von ambitionierten Freizeitjoggern und Spitzensportlern getragen, sondern auch von Menschen mit gesundheitlichen Problemen: Wearables. Die kompakten digitalen Messgeräte lassen sich schnell ans Handgelenk oder um die Brust schnallen und fast überall hin mitnehmen. Sie erfüllen stetig mehr Funktionen, werden noch kleiner und sind inzwischen oft mit einer App auf dem Smartphone verbunden. Ein schneller Informationsaustausch sowie eine unmittelbare Analyse der gemessenen Daten sind dadurch möglich. Entsprechend werden die Geräte bedeutsamer. Ihr globaler Absatz ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, alleine zwischen 2018 und 2019 um 89 Prozent. So wurden 2019 über 330 Millionen Wearables auf der Welt verkauft.
Besonders im Zusammenhang mit dem Internet of Medical Things (IoMT) ist das Potenzial in der Zukunft für medizinische Wearables noch sehr gross. Künstliche Intelligenz kann bei ärztlicher Behandlung helfen, die körperlichen Daten von Patienten effizienter auszuwerten und zu analysieren. Dabei ist der Einsatzbereich äusserst breit gefächert. Die derzeit wichtigste und gleichsam bedeutsamste Anwendung, was die Notwendigkeit zu Einfachheit bei gleichzeitig höchster Präzision und Robustheit anbelangt, ist die Messung des Blutdrucks in Verbindung mit dem Puls. Hierunter finden sich Sportler ebenso wie Menschen, die einfach besser informiert sein möchten, sowie natürlich auch Patienten. Weitere, jedoch spezifischere Gebiete sind etwa die Analyse der Sauerstoffsättigung im Blut oder der Herzratenvariabilität, bei der die Muskelaktivität nachvollzogen wird. Auch Elektromyogramme (EMG) zur Messung von Muskelfaseraktivitäten und Elektroenzephalogramme (EEG), die die Gehirnvorgänge abbilden, sind dank Wearables-Einsatz heutzutage deutlich praktischer nebenbei durchführbar. Selbstverständlich gilt dies ebenso für die berühmten Elektrokardiogramme (EKG) zur Erfassung der Tätigkeit der Herzmuskelfasern.
Grosse Varianz beim Tragen
Natürlich gibt es nach wie vor die herkömmlichen Formen von Wearables, die beispielsweise als Armband oder Brustgurt extern am Körper getragen werden. Unbekannter und neuartiger dagegen sind in Textilien eingewobene Wearables und solche, die sich sogar wie Implantate unter die Haut setzen lassen. Auch pflasterartige Datenmesser, bei denen die Sensoren mit Silikon-Patches auf die Haut geklebt werden können, existieren inzwischen. Die Zwecke der medizinischen Verwendungen solcher modernen Wearables sind dank der Möglichkeit, sie angenehm nebenbei über einen längeren Zeitraum zu tragen, sehr vielfältig. So sind ausser der Herzfrequenz beispielsweise auch Bewegungsabläufe sowie das Sitz- und Schlafverhalten mit diesen unauffälligen Sensoren messbar. Sie sind so klein und flach, dass sie Patienten nicht bei ihren alltäglichen Tätigkeiten stören und können, dennoch die gemessenen Daten über eine App an das medizinische Personal senden.
Dadurch lassen sich etwa Schlafstörungen und Fehlhaltungen des Körpers wunderbar nebenbei kontrollieren. Auch ein Monitoring nach Operationen ist durch solche modernen Wearables simpel möglich: Wie trägt sich eine Prothese beim Patienten ein oder wie reagiert der neue Herzschrittmacher langfristig? Dies ist bequem aus der Ferne analysierbar. Zudem können schwangere Frauen von diesen alltagstauglichen Wearables profitieren: Ein Silikon-Gel-Sticker auf dem Bauch überwacht die Herzfrequenz des heranwachsenden Kindes und lässt damit Rückschlüsse auf etwaige Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt zu. Ausserdem kann die Schwangere daraus ableiten, wie stark sie sich körperlich belasten darf.
Wearables schreiben Erfolgsgeschichte bei Herzmessungen
Die berühmteste Form von Wearables in der Medizin findet im Grunde genommen schon seit über 70 Jahren Anwendung und ist im Bereich der Kardiologie zu finden. Das erste tragbare EKG-Messgerät wurde Ende der 1940er Jahre vom US-Biophysiker Norman J. Holter entwickelt. Seither ist es aus der Patientenbehandlung nicht mehr wegzudenken. Die heutigen digitalen Möglichkeiten heben das portable EKG-Monitoring jedoch noch einmal auf eine ganz neue Stufe. Dazu gehört, dass sich mittlerweile jeder Interessierte zum privaten Gebrauch ein eigenes Wearable zur Herzmessung kaufen kann, ohne aus einer Arztpraxis ein EKG-Messer geliehen bekommen zu müssen.
Da gibt es gibt günstige Armbänder bei Discountern, die zumindest ein Ein-Kanal-EG aufzeichnen oder hochwertigere Smartwatches im Fachhandel, die vollwertige EKG-Messungen bieten. Bekannt ist dahingehend zum Beispiel die Apple Watch, die für ihr Kardiogramm in den USA und Europa sogar eine Zulassung als offiziell anerkanntes Medizinprodukt besitzt. Doch auch, wer ärztlich bei Herzerkrankungen behandelt wird, kann heute häufig sehr moderne Messgeräte erhalten, die über die reine EKG-Messung hinausgehen. Tragbare Pulsgeneratoren beispielsweise können Patienten implantiert werden, um den Bluthochdruck zu behandeln. Zudem gibt es Ultraschallpflaster, mit denen der Blutdruck in den Organen gemessen werden kann, ohne dass es eines invasiven Eingriffs wie bisher bedarf.
Diabetes ohne Fingerstiche behandelbar
Das altbekannte Bild bei Menschen, die an Diabetes leiden, ist: Sie müssen sich mehrfach pro Tag extra in den Finger stechen, um einen Blutstropfen zu erhalten, der dann von einem separaten Messgerät analysiert wird. Heute ist der Blutzuckerspiegel dank des Einsatzes von Wearables einfacher zu bestimmen. Diabetiker können sich einen kleinen Sensor an die Unterseite eines Oberarms kleben, der im Minutentakt den aktuellen Zuckerwert durch die Haut ermittelt. Dazu analysiert der Sensor die Flüssigkeit, die sich im Bindegewebe zwischen den einzelnen Hautzellen befindet. Das angeschlossene Messgerät kann das Messergebnis des Sensors auch durch Kleidung hindurch empfangen und aufgrund der regelmässigen Ermittlung der Zuckerwerte eine Prognose über die Entwicklung des Zuckerspiegels abgeben. Ausserdem können die Patienten eine App hinzuschalten, die auf dem Smartphone Diagramme anzeigt, die die Entwicklung der Messewerte graphisch nachvollziehbar machen.
Betriebliches Gesundheitsmanagement erleichtern
Im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Analyse von Bewegungsabläufen durch Wearables ist deren Einsatz auch in Unternehmen hilfreich. Immerhin zählen Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems nach dem jährlichen Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse zu den drei häufigsten Ursachen für Krankschreibungen in der Arbeitswelt. Der Einsatz von digitaler Technik samt Wearables kann diesem Trend in der Regel kostengünstiger und effektiver entgegenwirken als ein breit aufgestelltes betriebliches Gesundheitsmanagement nach konventioneller Art. So können Betriebe zum Beispiel einen Satz bestimmter Fitnesstracker anschaffen und interessierten Beschäftigten für die Teilnahme an einem Gesundheitsprogramm zur Verfügung stellen. Die Beschäftigten können die Wearables mit ihren privaten Smartphones verbinden und messen lassen, ob sie sich ausreichend an einem durchschnittlichen Arbeitstag bewegen oder wie ihre Sitzhaltung am Arbeitsplatz ist. Je mehr Beschäftigte teilnehmen, desto besser kann das Unternehmen einschätzen, inwieweit deren Bewegungsabläufe optimiert werden müssen. Gegenmassnahmen wie etwa gezielte Gymnastikprogramme und Therapien für betroffene Beschäftigte können ergriffen und so das Aufkommen an Fehltagen aufgrund verschiedenster Rückenleiden, Bandscheibenvorfällen oder dergleichen reduziert werden. Selbstverständlich setzt eine solche Erhebung voraus, dass sich Unternehmen und Beschäftigte mit den betreffenden Datenschutzauflagen auseinandergesetzt haben und die Teilnahme an solchen Präventionsmassnahmen freiwillig bleiben. Zudem sollte auf eine anonymisierte Form der Datenerhebung durch die Wearables und angeschlossene Analysetools geachtet werden. Ist dies gewährleistet, kann sich die Anschaffung der Wearables für einen Betrieb schon nach kurzer Zeit rechnen, weil die Reduktion der Krankheitstage durch Muskel-Skelett-Erkrankungen dem Unternehmen Kosten erspart.
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Potenzial für die Forschung heben
Was auf Unternehmensebene funktionieren kann, lässt sich auch auf eine übergeordnete, globale Ebene verlängern. Wie gezeigt, wächst die Zahl an verkauften Wearables beständig und damit steigt auch das Aufkommen an Daten zur Messung von medizinischen Parametern. Dieser immer grösser werdende Datenpool könnte sich als echter Pfund für die medizinische Forschung erweisen, da wertvolle Erkenntnisse zur Analyse und Behandlung, vor allem chronischer Erkrankungen, darin schlummern. Damit diese nicht nur individuell für den einzelnen Menschen genutzt werden können, der das jeweilige Wearable trägt, sondern gesellschaftlich verwertbar werden, sind Wissenschaftler auf Datenspenden der Träger angewiesen. Je mehr Menschen mit einem spezifischen Krankheitsbild Wearables regelmässig tragen und die daraus entstehenden Daten zur Verfügung stellen, desto fundiertere Erkenntnisse können Medizinier daraus für die Gesellschaft ableiten.
Ein aktuelles Beispiel, bei dem dies schon erfolgreich angewendet wurde, ist die Corona-Pandemie. Im vergangenen Jahr hat das deutsche Robert-Koch-Institut eine spezielle App zur Verfügung gestellt, die Nutzer von Wearables mit ebendiesen verbinden konnten. Die App hat Daten von Fitnessarmbändern, Smartwatches und Ähnlichem erhoben, die die Nutzer somit dem Institut freiwillig gespendet haben. Die Forschenden konnten aus den anonymen Daten, die Informationen über die körperliche Verfassung der Menschen sowie deren Bewegungsmuster lieferten, Erkenntnisse über das Virus ableiten. Symptome, die das Corona-Virus bei Infizierten hervorruft, liessen sich durch diese Datenspenden ebenso gut nachvollziehen wie alltägliche Verbreitungswege des Erregers. Ein solcher gesellschaftlicher Nutzen sollte, zusätzlich zum individuellen gesundheitlichen Nutzen der Träger von Wearables, dazu beitragen, dass Krankenversicherungen in Zukunft diese kleinen, digitalen Helfer immer umfangreicher fördern.
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